Disclaimer: Unser Wissens-Post ist zwar stilistisch an Frauen adressiert – es sind aber alle Menschen sind herzlich eingeladen, mit uns zu lesen, zu lernen und gemeinsam zu wachsen!
Lasst uns loslegen
Die medizinische Forschung hat uns viel zu bieten – neue Medikamente, innovative Therapien, bahnbrechende Studien. Klingt super, oder? Aber Moment mal: Was ist mit uns Frauen? Sind unsere spezifischen Gesundheitsbedürfnisse wirklich immer noch ein Randthema? Fakt ist, noch immer werden unsere Symptome zu oft heruntergespielt, unsere Beschwerden als „normal“ abgetan. Wirklich jetzt – es ist wirklich an der Zeit, das zu ändern. Wir unterstützen gerne dabei!
Der Gender Gap in der Medizin – ein noch offenes Problem
Dafür müssen wir zunächst einen Begriff erklären: Die Gender Gap. Wusstest du, dass Frauen in der medizinischen Forschung immer noch unterrepräsentiert sind? Studien zeigen, dass viele klinische Tests hauptsächlich an männlichen Probanden durchgeführt werden. Das führt dazu, dass Medikamente und Behandlungen oft nicht optimal auf die Bedürfnisse von Frauen abgestimmt sind.
Frauen – lange Zeit unsichtbar in der Forschung
Wusstest du, dass Frauen bis 1993 in den meisten klinischen Studien schlichtweg nicht berücksichtigt wurden? Ja, du hast richtig gelesen. Erst durch den Druck von Aktivist:innen und der Frauenbewegung begann sich etwas zu ändern. 1993 trat der NIH Revitalization Act in Kraft, der die Teilnahme von Frauen und Minderheiten an klinischen Studien vorschrieb. Aber auch heute sind Frauen noch unterrepräsentiert – besonders in Bereichen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychischen Störungen und gynäkologischen Erkrankungen.
Aktuelle Zahlen: Die Realität im Jahr 2025
- Psychiatrie: Frauen stellen rund 60 % der Patient:innen, aber nur 42 % der Studienteilnehmer:innen.
- Krebsforschung: Frauen sind 51 % der Betroffenen, aber nur 41 % der Studienteilnehmer:innen.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Trotz gleicher Häufigkeit liegt ihr Anteil in klinischen Studien bei nur 38–41 %. Besonders niedrig ist er bei den akuten Koronarsyndromen.
- Studienleitung: Nur etwa 10 % der großen Herzstudien werden von Frauen in leitenden Positionen ausgeführt – ganz nach dem Motto: Ein bisschen Forschung über Frauen, aber selten mit ihnen.
Und wir geben euch hier nur einen minimalen Ausschnitt. Es geht aber noch extremer. Oft sind wir nicht einmal vertraut mit bestimmten Begriffen, Erkrankungen oder Zuständen, wenn sie ausschließlich das weibliche Geschlecht betreffen. Oder hast du hier von schonmal etwas gehört?
Paradebeispiele für fehlende Forschung
Paradebeispiel Nummer 1: Die PMDS
PMDS steht für Prämenstruelle Dysphorische Störung, oder auf Englisch Premenstrual Dysphoric Disorder (PMDD). PMS ist schon nicht angenehm, PMDS noch einmal schlimmer – und das bei etwa 3-8 % der Frauen im gebärfähigen Alter. Neueste Studien deuten darauf hin, dass die tatsächliche Prävalenz bei etwa 3,2 % liegt, was ungefähr 31 Millionen Frauen und Mädchen weltweit entspricht. In Deutschland wird die Prävalenz mit 5–8 % angegeben. Eine Studie von Biomed Zentral zeigt, dass Frauen mit PMDS oft mit zahlreichen Barrieren im Diagnose- und Behandlungsprozess konfrontiert sind, darunter unzureichende medizinische Aufklärung und gesellschaftliche Stigmatisierung.
Die prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Wir reden hier von emotionalen Achterbahnfahrten. Die häufigsten Symptome im Überblick:
- Depressive Phasen: Tiefe Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Selbstabwertung; in schweren Fällen auch suizidale Gedanken.
- Extreme Reizbarkeit und Wutausbrüche: Plötzliche Ärgeranfälle, die zu Konflikten in Beziehungen führen können.
- Angst und Nervosität: Innere Unruhe, Nervosität oder das Gefühl, „auf dem Sprung“ zu sein.
- Schlafstörungen: Einschlafprobleme oder übermäßiges Schlafbedürfnis.
- Konzentrationsstörungen: Schwierigkeiten beim Konzentrieren und Gedächtnisprobleme.
- Gefühlsschwankungen und hohe Sensibilität: Plötzliche Stimmungsschwankungen, erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Ablehnung.
- Soziale Rückzugstendenzen: Rückzug von sozialen Aktivitäten und Beziehungen.
- Verändertes Essverhalten: Heißhungerattacken oder spezifische Nahrungsmittelgelüste.
Wusstest du das?
In der Lutealphase, also zwischen Eisprung und Periode (also da, wo PMS & PMDS auftreten können), fällt das Hormon Östrogen langsam ab, während Progesteron steigt - überraschenderweise wird dieser Prozess auch von einem Ansteig von Testosteron belgeitet. Ja, genau das Hormon, das wir sonst eher als „männlich“ kennen.
Gleichzeitig sinkt oft Serotonin im Gehirn, was depressive Verstimmungen, Reizbarkeit und Schlafprobleme begünstigen kann.
PMDS ist mehr als nur ein paar schlechte Tage vor der Periode. Es handelt sich um einen ernsthaften Zustand, der (professionelle) Aufmerksamkeit bedarf. Ein besseres Verständnis, mehr Forschung und gezielte Behandlung können die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessern. Neben den eben genannten potentiellen Symptomen, kommen häufig noch körperliche Beschwerden, wie:
- Kopfschmerzen
- Brustspannen
- Bauchkrämpfe
- und Gelenkschmerzen
hinzu. Und trotzdem werden die Symptome oft verharmlost beziehungsweise wird gar nicht darüber gesprochen. Wichtig ist: Die betroffenen Frauen und Mädchen brauchen ernsthaftes Interesse und Verständnis. Das geht zum Beispiel über Aufklärung und Sensibiliesierung.
Mein kleiner Meta-Moment: Während ich hier etwas wütend tippe, wird prämenstruelles Syndrom in meinem Editor mal wieder rot unterstrichen. Situationskomik pur.
Aha: ADHS & PMDS – Ein unterschätztes Duo
Wusstest du, dass Frauen mit ADHS ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko haben, an der prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS) zu erkranken? Eine aktuelle Studie zeigt, dass 45,5 % der Frauen mit ADHS Symptome von PMDS berichten, verglichen mit nur 28,7 % der Frauen ohne ADHS. Trotz der hohen Prävalenz wird PMDS bei Frauen mit ADHS oft nicht erkannt oder nicht ausreichend behandelt.
Paradebeispiel Beispiel Nummer 2: Endometriose
Endometriose ist eine Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter wächst. Diese Erkrankung ist stark hormonabhängig, und die Symptome können sich während des Menstruationszyklus verändern. Frauen mit Endometriose leiden häufig unter stärkeren bis sehr starken Schmerzen in der zweiten Zyklushälfte.
Endometriose betrifft weltweit schätzungsweise jede zehnte Frau im gebärfähigen Alter – und trotzdem dauert es im Schnitt immer noch sieben bis zehn Jahre, bis die Krankheit überhaupt diagnostiziert wird. Sie verursacht starke Schmerzen, häufige Erschöpfung und kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Aber warum dieser krasse Diagnose-Marathon? Weil Schmerzen während der Periode immer noch viel zu oft als „normal“ abgestempelt werden. Forschungsgelder für Endometriose sind im Vergleich zu anderen chronischen Erkrankungen erschreckend niedrig, und viele Betroffene fühlen sich jahrelang nicht ernst genommen.
Paradebeispiel Nummer 3: Der Herzinfarkt
Wenn Frauen unsichtbar bleiben. Ein klassisches Beispiel für die Gender Gap in der Medizin ist der Herzinfarkt. Jahrzehntelang wurde in Lehrbüchern und Studien das Bild des „typischen“ Herzinfarkts geprägt: stechender Brustschmerz, Druck auf der Brust, der in den linken Arm ausstrahlt. Das Problem? Genau so äußert er sich vor allem bei Männern. Frauen zeigen dagegen häufig unspezifische Symptome wie Übelkeit, Rückenschmerzen, Kurzatmigkeit oder extreme Müdigkeit. Diese Warnsignale werden in der Notaufnahme bis heute oft übersehen oder als „Stress“ abgetan.
Die Folgen sind dramatisch: Frauen werden später diagnostiziert, erhalten seltener lebensrettende Eingriffe und haben eine höhere Sterblichkeit nach Herzinfarkten als Männer. Und das nicht, weil ihre Körper „komplizierter“ wären – sondern weil Forschung, Lehrbücher und Leitlinien viel zu lange männliche Symptome als Norm gesetzt haben. Fakt ist: Herzinfarkte sehen bei Frauen anders aus – und trotzdem sind wir immer noch mitten in einem Aufklärungsdefizit.
Warum ist das nun ein problematisch?
Die fehlende Forschung führt dazu, dass Frauen leider zu oft mit ihren Beschwerden alleingelassen werden. Sie erhalten keine passgenauen Diagnosen, keine individuellen Behandlungen und nicht ausreichend Unterstützung. Das ist nicht nur frustrierend, sondern auch gefährlich. Denn unbehandelte gesundheitliche Probleme können langfristige Folgen haben – für die körperliche und seelische Gesundheit.
Was kann sich ändern?
Es ist höchste Zeit, dass die Frauengesundheit in der Forschung die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient. Wir brauchen mehr Studien, die speziell auf die Bedürfnisse von Frauen eingehen. Wir brauchen mehr Daten, die die Unterschiede zwischen den Geschlechtern berücksichtigen. Wir brauchen mehr Vertreterinnen in entscheidenden Gremien und Außschüssen. Und vor allem brauchen wir mehr Empathie und Verständnis für die spezifischen Herausforderungen, mit denen Frauen im Gesundheitsbereich konfrontiert sind.
Es ist an der Zeit, dass wir uns Gehör verschaffen. Denn unsere Gesundheit ist genauso wichtig wie die von Männern – und wir verdienen es, dass sie ernst genommen wird.
Das Gute zum Schluß: Veränderung ist möglich!
Es gibt Hoffnung! Immer mehr Initiativen setzen sich für eine gerechtere Forschung ein. Die NIH Revitalization Act von 1993 war ein erster Schritt und es gibt weitere Fortschritte. So zeigt ein Bericht der Association of American Medical Colleges von 2023, dass der Anteil der Frauen in medizinischen Fakultäten in den letzten zehn Jahren von 38 % auf 45 % gestiegen ist. Auch in der klinischen Forschung sind Frauen zunehmend vertreten – wenn auch noch nicht in ausreichendem Maße.
Ein weiteres positives Beispiel ist die zunehmende Sichtbarkeit von Erkrankungen, die vor allem Frauen betreffen, wie Endometriose oder eben das prämenstruelle dysphorische Syndrom, von dem wir dir hier gerade berichten.
Unserer Meinung nach, liegt an uns allen, diesen Wandel voranzutreiben. Wir glauben fest daran: Indem wir uns alle informieren, engagieren, aufklären und unsere Stimmen erheben, können wir einen Teil dazu beitragen die medizinische Forschung gerechter und inklusiver zu gestalten. Gemeinsam schaffen wir das!
Unsere Quellen:
- Chandrasekhar et al. (2012). A prospective study of Ashwagandha for stress & cortisol. Indian Journal of Psychological Medicine.
- Langade et al. (2019). Efficacy and Safety of Ashwagandha Root Extract in Insomnia and Anxiety. Cureus.
- Tiwari et al. (2021). Ashwagandha for hormone modulation in women. Journal of Ayurveda and Integrative Medicine.
- Sharma et al. (2018). Withania somnifera improves thyroid indices in subclinical hypothyroid patients. Journal of Alternative and Complementary Medicine.
- Littarru GP, Tiano L. (2007). Bioenergetic and antioxidant properties of coenzyme Q10. Molecular Biotechnology, 37(1), 31–37.
- Kagan VE et al. (2004). Coenzyme Q: Its role in scavenging and generation of radicals in membranes. Archives of Biochemistry and Biophysics, 423(1), 127–134.
- Examine.com (2023). Coenzyme Q10 – Evidence summary.
- Eisenberg E. et al. (2019). Gender gap in clinical trials: representation of women. Journal of the American College of Cardiology.
- Regitz-Zagrosek V. et al. (2021). Sex and gender differences in cardiovascular research and clinical practice. European Heart Journal.
- Contemporary OB/GYN (2023). ADHD linked to higher risk of premenstrual dysphoric disorder.
- ADD.org (2023). PMDD and ADHD.
- World Health Organization (2021). Endometriosis – key facts.
- Becker CM et al. (2022). Endometriosis: disease burden and treatment gaps. Nature Reviews Endocrinology.